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Thema: Countdown So Nov 11, 2012 7:23 am
Hallo Das ist die Geschichte, die ich beim Wettbewerb abgegeben hatte. Für den Fall das Jemand sie gerne lesen will: hier ist sie. Ich hoffe sie nervt euch nicht gefällt euch. Also:
Spoiler:
Der Countdown läuft - four
Ich werde gehen. Einfach nicht mehr da sein. Für immer. Und Ewig. Und nie mehr zurückkommen. Aber vielleicht sollte ich mich erst einmal vorstellen. Mein Name? Den habe ich vergessen, wie alles andere von meinem Leben auch. Aber nennt mich doch einfach Albtraum. So nennen mich alle. Die kleinen Kinder, die in der Nacht Angst vor mir haben und die Erwachsenen, die mich verfluchen, wenn ihr Kind von mit träumt. Aber in Wirklichkeit.. weiß keiner von ihnen wer ich wirklich bin. Wo ich lebe. Wenn ich darüber nachdenke, weiß ich es selbst nicht mehr. Muss wohl irgendwo im Pazifischen Ozean sein. Wenn du eine kleine Insel findest, mit Palmen und einem stillen Vulkan, weißem Sand und Muscheln, in die ein kleines Kind sich setzten könnte, dann hast du mich vielleicht gefunden. Aber nur wenn du schnell bist. Denn heute Abend... ist meine Zeit gekommen. Dann werde auch ich verschwinden. Im Meer der Dunkelheit, wo jede Elfe hinkommt, wenn sie stirbt. Genau an seinem zwanzigsten Geburtstag. Ansonsten ist es eigentlich wunderschön hier. Ich fühle mich wohl. So wohl, wie man sich nur fühlen kann, wenn man weiß, das man nur noch vier Stunden zu Leben hat. Aber ich wusste immer, wie ich sterben würde und wann. Versteh mich nicht falsch. Ich habe mir nicht ausgesucht, wie ich leben wollte. Es ist einfach so passiert. Ich bin vor genau 19 Jahren, 364 Tagen und 20 Stunden an diesem Strand aufgewacht und konnte mich an nichts mehr erinnern. Wer bin ich? Das ist eine Frage, die ich nicht beantworten kann. Ich weiß nicht einmal meinen Namen. Und in vier Stunden wird das auch niemanden mehr interessieren. Langsam stehe ich auf und blicke mich um. Der Strand strahlt blutrot im Licht der untergehenden Sonne. Das werde ich nie wieder sehen... Vorsichtig schwebe ich den Strand entlang, über die Wellen die immer wieder über den Sand schwappen. Mein Spiegelbild ist ein dunkler Schatten im funkelnden Meer. Eine Elfe, mit einem schwarzen Kleid, schwarzen Flügeln und Spitzohren. Wie im Märchenbuch. Ich fliege so tief, dass meine Füße das Wasser streifen. Es spritzt zu mir hoch, macht mein Kleid nass. Egal, ich werde tot sein, bevor ich mich erkälten kann. Dieser Gedanke erfüllt mich mit einer Leichtigkeit, die ich all die Jahre nicht gespürt hatte. Ich kann tun und lassen, was ich will, an meinem Schicksal wird das nichts mehr ändern. Der Countdown läuft, egal was ich tue. Wieder spritze ich mich nass. Langsam wird mir kalt. Ich setze mich auf eine der Palmen und beobachte das Meer. Plötzlich stutze ich. Da, in der Sonne ist ein Schatten. Dann ist er wieder verschwunden, aber ich bin sicher, dass ich ihn gesehen habe. Was war das? Ein Wort schwebt in mein Bewusstsein, dass wohl aus der Zeit kommt, an die ich mich nicht mehr erinnern kann. Das ist ein Schiff... Seltsam. Was macht es den hier? All die Jahre - und ihr könnt mir glauben, dass wahr eine sehr lange Zeit - habe ich kein Zeichen von Leben gesehen außer die Vögel, die manchmal über die Insel fliegen. Und sie landen nie hier. Diese Insel ist verflucht. Wer hier bleibt, hat das gleiche Schicksal wie ich. Vor 15 Jahren war hier noch ein anderer Elf. Er hat gesagt, ich müsse weg. Ich konnte nicht. Mit zusammengekniffenen Augen blicke ich in die Sonne. Wieder ist da dieser Schatten, diesmal verschwindet er auch nicht. Er kommt näher. Da ist sie plötzlich, die Gewissenheit. Sie haben meine Insel entdeckt. Und wenn noch auf diese Insel sind, wenn die Nacht zum Tag wird, dann werden auch sie zu dunklen Elfen. Zum Abschaum der Welt. Sie werden alles vergessen. Ihre Heimat, ihre Freunde, ihre Familie. Und ihren Namen. Ich muss das verhindern. Niemand soll je wieder das Gleiche erleiden müssen wie ich.
Die Zeit vergeht - three
Ich sitze immer noch auf der Palme. Und das Schiff kommt immer näher. Es ist schon so nahe, dass ich die Fenster zählen kann. Dann bleibt es stehen, ein Anker fällt und kurz darauf wird ein Boot heruntergelassen. Ich hatte vergessen, wie groß Menschen sind. Wie soll ich sie dazu bewegen, die Insel vor Morgengrauen zu verlassen? Und wer soll sie aufhalten, wenn sie morgen zurückkommen? Ich werde dann nicht mehr da sein. Aber ich muss verhindern, dass sie hier bleiben. Warum interessiert mich das Schicksal dieser Menschen überhaupt? Ich werde mir keine Vorwürfe mehr machen können, werde nicht mehr sehen, was mit ihnen passiert. Warum also will ich ihnen helfen? Ich weiß es nicht. Das Boot hat sich inzwischen in Bewegung gesetzt, schwimmt auf die Insel zu. Mein kleines Paradies, das jedem zu Verhängnis wird. Und zum Schluss tödlich ist. Immer. Auch für mich wird es tödlich sein. Aber es ist immer ein Paradies für mich gewesen, mit seinem Fluch, seiner Einsamkeit, seiner Verzweiflung. Wenn sie hier bleiben, wird es ihr Paradies werden. Ihr Fluch, ihre Einsamkeit, ihre Verzweiflung. Ich verstecke mich in den Blättern der Palme, als die Menschen an dem kleinen Strand direkt vor mir anlegen. Es sind drei. Zwei Männer und ein Mädchen. Auch das noch. Ein Kind. Wenn ich mich zeige, wird es wissen, wer ich bin. Sie wird mich kennen, wie jeder mich kennt der nicht erwachsen ist. Ich bin die, vor der sie sich in der Nacht fürchten. Aber keines von ihnen weiß dass es mich wirklich gibt. Die drei staunen nicht schlecht über die Schönheit der Insel. Das Mädchen setzt sich auf eine großen Muschel nieder und lässt Sand durch ihre Finger rieseln, während sie mit großen Augen die Insel beobachtet. Plötzlich runzelt sie die Stirn und starrt angestrengt in meine Richtung.Ich verberge mich tiefer in den Blättern, trotzdem glaube ich dass sie einen kurzen Blick auf meine Flügel erhascht hat. "Vater, da war ein Schmetterling! Er war schwarz!" Ja, sie hat mich gesehen. Aber sie hält mich für einen Schmetterling, eins der wunderschönen Geschöpfe die im Sonnenlicht tanzen. Ich bin hässlicher, aber klüger als diese dummen Insekten. Sie kann nur einen Teil meiner Flügel gesehen haben, den Teil der nicht zerfetzt herunterhängt. Ich bin viel größer als ein Schmetterling, auch wenn diese Menschen bestimmt fünfmal so groß sind wie ich. Wenn ich mich zeigen würde, dann würde ich ihnen einen gehörigen Schrecken einjagen, ich Schmetterling der Dunkelheit, Abschaum der Erde. Schaut, hier kommt Albtraum, der Schrecken des Paradieses! "Diese Insel ist perfekt! Genau richtig für unsere Pläne!", ruft der jüngere Mann erfreut. "Mach mal langsam, Jens. Schau sie dir doch erst mal an." Der ältere Mann hat eine tiefe Stimme und sieht aus, als hätte er schon viele Inseln wie diese hier gesehen. Wenn er um das Geheimnis dieser Insel wüsste, würde er mit wehenden Fahnen Reißaus nehmen, aber natürlich weiß er nichts davon, Und wenn ich es erzählen würde, würde er mir nicht glauben. Er würde wahrscheinlich sogar versuchen, mich zu töten. Wenn er wüsste, wie schnell meine Zeit auch ohne ihn vergeht! Noch drei Stunden, dann... "Warum schlafen wir nicht hier, Vater? Es ist wunderschön!" Das Mädchen klingt begeistert, fröhlich. In diesem Moment fasse ich den Entschluss, sie zu warnen. Auch mich hat Jemand gewarnt. Ich hatte keine Wahl, keine Möglichkeit zu fliehen. Sie können wieder gehen. Sie müssen, wenn sie dem Fluch entgehen wollen. "Das ist eine gute Idee, Natalie! Praktisch, dass wir immer unsere Sachen dabei haben. Dann sehen wir auch gleich, ob es hier irgendwelche Gefahren gibt. Langsam müssen wir uns auf einen Ort für den Freizeitpark einigen." Oh nein! Sie wollen einen Freizeitpark hier errichten? Menschen hierhin bringen, die nach einen Nacht zu dunklen Elfen werden? Das wäre eine Katastrophe! Die Männer holen drei Zelte aus dem Boot, das Mädchen, dass der jüngere Mann Natalie genannt hat steht auf und kommt auf meine Palme zu. Aber im gleichen Moment verschwindet die Sonne am Horizont und die Nacht beginnt, mit ihr kommen meine Kräfte wieder. Im gleichen Moment, in dem sie die Blätter zur Seite biegt, mache ich mich unsichtbar. Sie blickt mich genau an, aber sie sieht durch mich hindurch. Ich spüre ihren Atem, der meine Haare durcheinanderwirbelt. Dann dreht sie sich um und geht zurück. Jetzt unsichtbar fliege ich ihr hinterher. Die Männer fangen an die Zelte aufzubauen. Kurz darauf kriechen die drei in ihre Zelte, die Männer in das erste, in dem zweiten sind ihre Geräte und am Rande der Lichtung baut das Mädchen nach einer Diskussion mit ihrem Vater ihr Zelt auf, fern von den anderen um Raum für sich selbst zu haben.
Die Nacht beginnt - two
Leise schleiche ich mich zum Zelt des Mädchens, aber erst als ich mich versichert habe, dass die Männer schlafen. Ich spüre die Kraft ihrer Träume fast körperlich, weil ich es nicht gewohnt bin, dass Jemand in meiner Nähe schläft. Ich könnte ihre Träume kontrollieren, wenn ich wollte. Aber in dieser letzten Nacht wird niemand Albträume haben. Ich habe etwas anderes zu tun. Leise ziehe ich den Verschluss des Zeltes auf und schwebe zu dem Mädchen zu. Neben ihr lande ich und schubse sie an. Sie schläft weiter. Wieder schubse ich sie, diesmal härter. Gleichzeitig lege ich einen Schild über ihren Mund, damit niemand etwas hört wenn sie schreit. Stöhnend setzt sie sich auf und sieht mich nicht. Ich stupse sie in die Seite und fliege vor ihr Gesicht. Erschrocken schreit sie auf, ein Schrei der ohne den Schild die Männer geweckt hätte. Aber stattdessen kommt nur ein kurzer, leiser Ton heraus, der fast nicht zu hören ist. "Sei leise. Folge mir einfach, dann erkläre ich dir alles. Ich will dir nicht böses." Erschrocken stelle ich fest, wie trocken meine Stimme klingt. Ich habe sie so lange nicht benutzt... Mit großen Augen blickt das Mädchen mich an, dann steht sie auf und folgt mir nach draußen durch ein kurzes Waldstück an den Strand. Dort entferne ich mit einem Schlenker meiner Hand den Schild über ihrem Mund. "Wer - nein was bist du?", platzt sie heraus. "Das ist eine lange Geschichte, von der ich viel selbst nicht weiß." Auf dieses Gespräch war ich nicht vorbereitet. "Ich habe dich gesehen, in der Palme. Und ich habe Zeit - erzähl mir ruhig, warum du mich geweckt hast." Sie kneift die Augen zusammen und fügt dann hinzu:"Weißt du, warum ich manchmal von die träume?" Ich setze mich auf eine Muschel. "Das sind viele Fragen. Und viele Antworten. Na gut, dann hör mir zu.", sage ich und beginne dann zu erzählen. "Erstmal - mein Name ist Albtraum, und ich bin - nun es ist schwer zu erklären. Du würdest nicht verstehen, was ich meine, wenn ich dir sage, dass ich eine dunkle Elfe bin. Ich bringe kleinen Kindern keine Albträume, aber sie träumen von mir, weil ich... da bin. Ich kann nichts dagegen tun. Normalerweise kommen keine Menschen hierhin. Diese Insel ist verflucht. Wenn man zu viel Zeit hier verbringt, dann vergisst man alles, was man je wusste und man wird selbst zu einer dunklen Elfe. Das ist mir damals passiert. Und deshalb habe ich dich geweckt. Ihr müsst hier weg, sonst passiert euch das gleiche wie mir." Natalie blickt sich um, bevor sie mich anblickt. "Und wie lange dauert es noch, bis das was du beschrieben hast, eintritt?", fragt sie leise, als hätte sie Angst vor der Antwort. "Wenn die ersten Sonnenstrahlen am Horizont auftauchen.", murmele ich. "Albtraum?" Ich zucke zusammen beim Klang meines Namens. Ich habe ihn so lange nicht mehr gehört. "Wie lange bist du schon allein hier?" "Vor ungefähr zwanzig Jahren bin ich hier angespült worden, ohne meine Erinnerungen. Damals war hier noch ein anderer Elf, mit dem Namen Finsternis. Er starb nach fünf Jahren. Seitdem bin ich die einzige Elfe auf dieser Insel." "Fünfzehn Jahre alleine...", murmelt Natalie entsetzt. "Und deshalb müsst ihr gehen. Euch darf nicht das gleiche passieren wie mir." Natalie schüttelt den Kopf, versucht das zu verstehen, was ich ihr gerade erzählt habe. "Es muss schrecklich sein, so lange allein zu leben. Willst du nicht mitkommen, zurück nach Texas? Da wohnen wir." Ich habe ihr nicht erzählt, dass ich in zwei Stunden sterben werde. "Nein. Diese Insel ist mein Schicksal.", antworte ich. Vor einiger Zeit hätte ich ihr Angebot vielleicht angenommen, aber das war jetzt unmöglich. "Aber wie überzeugen wir meinen Vater und meinen Opa, schnell wegzugehen? Glauben sie dir, wenn du jetzt zu ihnen gehst und sagst dass sie weggehen müssen?", frage ich, nachdem ich mich wieder gefasst habe. So viel habe ich schon lange nicht mehr gesagt. "Nein. Aber Vater hat eine Spinnenphobie. Wenn wir Spinnen in sein Zelt schleusen könnten, würde er Panik kriegen und die Insel vor Angst nie wieder betreten." Ich ziehe die Augenbrauen hoch und blicke Natalie an. "Diese Insel ist verflucht. Hier gibt es keine Tiere, nicht einmal Insekten."
Nimmerwiedersehen - one
Plötzlich habe ich eine Idee. "Aber dein Vater - hat er Angst vor Spinnen auch denn, wenn er sie nur undeutlich erkennt?" Natalie nicht und blickt mich fragend an, als ob sie nicht weiß worauf ich hinaus will. "Gut. Ich kann aus der Kraft der Nacht Dinge Formen. Das wird auch mit den Spinnen funktionieren.", sage ich. Das Mädchen nickt, sie scheint verstanden zu haben was ich machen möchte. Langsam stehen wir beide auf. Der Mond ist inzwischen aufgegangen. Ich habe noch eine Stunde... Wir beide gehen zurück durch die Wald. Sie läuft, ich fliege. Ein ungleiches Duo, das vereint wird durch ein gemeinsames Ziel. Ich konzentriere mich wieder auf die Träume der Männer. Zufrieden stelle ich fest, dass sie noch schlafen. Vor ihrem Zelt trennen wir uns. Sie verschwindet in den Schatten ihrer Schlafstätte, ich schwebe zum Zelt der Männer. Vorsichtig ziehe ich den Reißverschluss auf und zwänge mich durch den Schlitz ins Zelt. Vollkommene Dunkelheit umgibt mich. Mühelos verschmelze ich mit ihr. Ich setzte mich auf eine der Zeltstangen knapp über den Köpfen der Männer, dann lasse ich ihre Träume auf mich einstürmen. Kurz sehe ich sie vor mir, dann beende ich sie mit einem Schlag. Gleich werden sie aufwachen. Die Dunkelheit wird mein Werkzeug, es ist als ob ich sie in der Hand halten. Spinnenförmige Wesen kriechen aus der Finsternis, genau in dem Moment als Jens aufwacht. Als er sich aufsetzt, streift eines der Wesen seine Wange. Er greift zu einer Taschenlampe und richtet sich auf den Boden. Als er die Spinnen bemerkt, bestimmt hunderte an der Zahl die überall auf seinen Sachen sitzen, schreit er laut auf. Ich lasse meine Spinnen auf ihn zu krabbeln und so schnell er kann steht er auf und flieht aus dem Zelt. Einem Wink von mir folgend verlassen die Spinnen das Zelt und verschmelzen wieder mit der Dunkelheit. Natalie kommt wie verabredet schnell nach draußen. "Was ist passiert, Vater?", höre ich ihre besorgte Stimme. Wieder unsichtbar schwebe ich kurz nach dem anderen Mann aus dem Zelt. "Spinnen! Überall sind Spinnen!", keucht Jens entsetzt. "Wir wussten nicht, was hier alles an Viehzeug in der Nacht raus kommt.", murmelt der ältere Mann. "Ich will zurück aufs Schiff. Diese Insel ist ein Albtraum.", sagt Jens, der sich inzwischen wieder einigermaßen gefasst hat. Wenn er wüsste, was er da sagt, wäre er wahrscheinlich zusammengezuckt, so wie Natalie es macht. Treffender hätte er die Insel wirklich nicht beschreiben. Ein Albtraum... Seine Worte verletzten mich mehr, als ich erwartet habe. Entschuldigend zuckt Natalie mit dem Kopf in meine Richtung. "Lasst uns packen und verschwinden. Ich will hier keine Sekunde länger hier bleiben.", sagt Natalie. "Dabei hat die Insel am Tag so einen schönen Eindruck gemacht. Fangen wir an einzupacken.", seufzt der ältere Mann, dann geht er auf die Zelte zu und beginnt sie abzubauen. Ich habe Respekt vor ihm, dass er mitten in der Nacht alles abbricht und geht, weil sein Sohn und dessen Tochter es wollen. Ich sehe zu, wie Natalie und Jens ihm nach kurzer Zeit helfen und die Sachen zum Boot tragen. Als die beiden gleichzeitig zum Boot gehen, stellt sich Natalie an das Gebüsch, in dem ich seit längerer Zeit sitze. "Danke, Albtraum. Es tut mir leid, was mein Vater über diese Insel gesagt hat. Sie ist wunderschön." "Sie ist verflucht. Schönheit ist etwas, auf das ihr euch nicht verlassen dürft." "Sie werden gleich wieder hier sein. Ich werde dich nie vergessen, Albtraum." "Auf Wiedersehen. Ich werde dich auch nicht vergessen" Warum fällt es mir so schwer, sie anzulügen? Ich habe mich dagegen entschieden, ihr zu erzählen, wie wenig Zeit ich noch habe. Ich will ihn Mitleid nicht, weil sie nicht versteht, dass ich eigentlich überhaupt nicht so viel dagegen habe, zu sterben. Wenn mal so lange einsam war wie ich, kommt einem Leere, wenn man einfach alles vergisst und nicht mehr denken muss, nicht so schlimm vor. Warum fällt es mir dann so schwer, ihr zu sagen, dass ich mich immer an sie erinnern werde, wenn ich weiß, dass ich sie in einer Stunde vergessen werden habe? Ich weiß es nicht. Ich beobachte, wie Natalie und die beiden Anderen in das Boot steigen und sich mit einer langen Stange vom Ufer abstoßen. Über mir gehen die Sterne auf, einer nach dem Anderen. Und langsam werden die drei Menschen kleiner, die ich gerettet habe. Sie werden am großen Boot hochgezogen, dann starten die Motoren des Schiffes und dann verschwindet es am Horizont. Auf Nimmerwiedersehen, Natalie.
Für immer - zero
Die Sterne sind vor einiger Zeit aufgegangen. Immer noch starre ich aufs Meer hinaus. Es ist, als wären die letzten Stunden meines Lebens an mir vorbei gerast. Ich hatte kaum Kontrolle darüber. Meine Zeit ist gleich um. Ende, Null, zero. Nichts mehr. Aber ich bereue nichts von dem, was ich heute Abend getan habe. Ich habe verhindert, das Menschen mein Schicksal teilen müssen. Aber ich habe einen Preis dafür zahlen müssen. Ich habe dieser Tat die letzten Stunden meines Lebens geopfert. Ich beginne zu leuchten, erst mein Haar, dann mein ganzer Körper. Ich richte meine Augen auf die Stelle, an der Natalie und die anderen am Horizont verschwunden sind. Das soll das letzte sein, was ich sehe. Langsam beginnt mein Körper durchsichtig zu werden, dann spüre ich ihn nicht mehr. Ich werde zu Staub, der nach oben schwebt. Hoch zu den Sternen. Aber etwas stimmt nicht. Ich schwebe hoch zu den Sternen - das sollte ich nicht. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, wie Finsternis sich aufgelöst hat und im Meer verschwunden ist. Aber ich.. ich fliege. Und dann wird mir plötzlich etwas klar. Ich weiß nicht warum ich das weiß, aber es ergibt Sinn. Der Fluch dieser Insel - es ist kein Fluch. Es ist eine Prüfung. Und ich bin die erste, die sie bestanden hat. Jede Elfe vor mit und auch jeder Elf hat seine letzten Stunden so lang wie möglich gezogen, Dinge für sich getan. Nur ich habe sie geopfert um jemanden zu retten. Und deshalb werde auch nur ich nicht verschwinden. Ich spüre meinen Körper wieder. Fast ängstlich blicke ich an mir herunter und mir wird fast schwindelig, als ich sehe, wie hoch ich inzwischen geflogen bin. Und dann sehe ich meine Flügel wieder. Sie hätten nicht gegensätzlicher zu den Flügeln sein können, die ich vor einigen Minuten noch gehabt habe. Ich habe jetzt weiße wunderschöne Flügel. Sie hängen nicht mehr in Fetzen herunter, sie sind ganz. Es sind die Flügel eines Schmetterlings. Nur etwas hat sich nicht geändert. Ich spüre immer noch die Träume aller Menschen, zusammen mit der Gewissheit, dass ich sie kontrollieren kann. Nur etwas in diesem Gefühl ist neu. Wenn ich mich jetzt in den Träumen der Kinder zeige, wird es kein Albtraum sein. "Willkommen...", wispert der Wind. Und zum ersten Mal, seit ich mich erinnere, weine ich nicht weil ich einsam bin, sondern weil ich mich freue. Ich schlage mit den Flügeln und sie tragen mich immer weiter hinauf. Zu den Sternen. Ins Licht.
LG Hermelinpfote
Zuletzt von Braunherz am So Nov 11, 2012 8:08 am bearbeitet; insgesamt 1-mal bearbeitet (Grund : Lange Geschichten bitte Spoilern - ~Brownie~)